5. Dezember 2006
Gehäusebau im Schnellverfahren
Welcher Bastler kennt nicht das Problem, dass ein käuflich erwerbbares Gehäuse eben gerade nicht zum geplanten Projekt passt?
Hier wird eine Methode zum schnellen Gehäusebau mit geringem Materialeinsatz vorgestellt.
Die hier vorgestellte Art ein Gehäuse zu bauen, hat mehrere Vorteile:
- Das Gehäuse kann genau auf die erforderlichen Abmessungen angepasst werden
- Das Material für das Gehäuse ist frei wählbar. Zum Beispiel gelochtes Blech für die Seitenwände für eine bessere Wärmeabfuhr.
- Jede Gehäuseseite kann auch nachträglich ohne großen Aufwand noch verändert werden.
- Platinen können bei richtiger Dimensionierung des Gehäuses ohne zu schrauben eingebaut werden.
- Es können zwei Platinen gleicher Größe in einem Gehäuse untergebracht werden
- Das Gehäuse ist sehr stabil
- Das Gehäuse lässt sich beliebig zerlegen, jede Gehäusewand lässt sich einzeln entfernen. Zum entfernen einer Gehäusewand müssen lediglich zwei Schrauben entfernt werden.
Zuerst einmal zum wichtigsten Teil des Gehäuses: ein stranggepresstes Aluminium-Profil, das bei der Firma Bürklin unter der Bestell-Nummer 18H860 erhältlich ist. Das Profil hat eine Länge von einem Meter. Damit lassen sich aus einer Profilstange Gehäuse bauen, die bis zu 25 cm Tiefe haben. Natürlich kann das Gehäuse auch eine größere Tiefe haben, dann braucht man eben mehr als ein Profil.
Update: Eine alternative Bezugsquelle für das verwendete Profil ist die Firma Fischerelektronik (http://www.fischerelektronik.de/). Dort kann man das Profil unter der Bestellnummer Art. Nr. GB 1 1000 bekommen. Das zugehörige Datenblatt findet man unter http://www.fischerelektronik.de/fischer/uploadfischerfcase/Fischer/M.1.1.2.pdf.
Die restlichen Teile des Gehäuses, also die Seitenwände, Deckel, Boden, Front-, und Rückseite bestehen aus einem beliebigen Material. Die Dicke des Materials darf für die Seiten, Deckel und Boden nicht größer als zwei Millimeter sein, da sie sonst nicht in das Profil passen. Front- und Rückplatte können beliebig dick sein.
Mögliche verwendbare Materialien sind zum Beispiel:
- Aluminiumblech,
- Stahlblech,
- gelochtes Blech(besserer Wärmeaustausch),
- Kunststoffplatten
Gehäuseentwurf
Kommen wir zum Entwurf des Gehäuses. Dazu gibt es zwei Ansätze. Der erste Ansatz gibt die Abmessungen des Gehäuses vor und die Gehäuseteile werden entsprechend angefertigt.
Der zweite Ansatz geht davon aus, dass die Platine schon existiert und ein Gehäuse dafür gebraucht wird.
Bild 1: Außenmaße Gehäuse
Bild 2: Abmessungen der Gehäuseteile
Im Bild 1 sind die Außenmaße des Gehäuses mit Großbuchstaben gekennzeichnet. Bild 2 zeigt die benötigten Gehäuseteile und die zugehörigen Maße. Wenn die Abmessungen des Gehäuses bekannt sind, lassen sich die Maße der Gehäuseteile wie folgt berechnen:
Ein üblicher Fall ist, dass die Abmessungen der Platine bekannt sind und das Gehäuse nach den Abmessungen der Platine berechnet werden soll:
Bild 3: Abmessungen der Platine
L ist die Länge der Platine, Z ist die Breite der Platine. Die Tiefe des Gehäuses richtet sich nach der Einbaulage der Platine. Soll die Platine quer eingebaut werden ist t = Z. Soll die Platine längs eingebaut werden ist t = L.
Nachfolgend werden die Abmessungen des Gehäuses für einen Längseinbau der Platine angegeben. Die Höhe h der Seitenteile ist abhängig von der Bauteilhöhe und den weiteren Anforderungen an das Gehäuse, wie zum Beispiel der Einbau von Bedienelementen oder Anschlussbuchsen. h darf aber nicht kleiner als 12 mm sein, da sonst die Seitenteile nicht richtig in die Profile passen.
Die sich aus diesen Maßen ergebenden Gehäuseabmessungen berechnen sich wie folgt:
Aufbau des Gehäuses
Bild 4: Gehäuseskizze mit Platine
Bild 5: Kontruktionsschema
In Bild 4 sind noch einmal die Außenmaße des Gehäuses dargestellt.
Bild 5 illustriert das Kontruktionsschema. An den Kanten des Gehäuses sitzt das grau dargestellte Aluminiumprofil. Das Profil hat die Länge t. In die äußeren Nuten des Profils werden die Seitenplatten(Abmessungen: ht), die Bodenplatte(bt) und der Deckel(bt) eingeschoben. Die grün dargestellte Platine (tz) wird in die beiden unteren Profile in die innere Nut eingeschoben. Front- und Rückplatte(T*H) werden auf die Profile aufgeschraubt.
Hier noch einmal eine detailierte Materialliste für das Gehäuse:
- 4 Aluminiumprofile mit der Länge t
- 2 Seitenplatten mit den Abmessungen (h * t)
- 1 Frontplatte mit den Maßen (H*B) und der Dicke D1
- 1 Rückplatte mit den Maßen (H*B) und der Dicke D2
- 1 Deckel mit den Maßen (b*t)
- 1 Boden mit den Maßen (b*t)
- 8 Blechschrauben Durchmesser 3mm, Länge mindestens 8mm
Alternativ: 8 Metallschrauben Senkkopf M3, Länge mindestens 8mm
Die Front- und Rückplatte müssen noch für das Verschrauben mit dem Gehäuse vorbereitet werden. Dazu muss an jeder Ecke dieser Platten ein 3mm Loch gebohrt werden, dass von jeder Kante 5mm entfernt ist(Bild 6). Diese Löcher werden anschließend noch angesenkt, damit die Schrauben nicht aus dem Gehäuse hervorstehen.
Bild 6: Bohrung an den Ecken der Front- und Rückplatte
Normalerweise kann man mit Blechschrauben die Front- und Rückplatte festschrauben. Alternativ kann man auch ein M3 Gewinde in die Profile schneiden und dann mit Metallschrauben M3 Senkkopf die Front- und Rückplatte festschrauben.
Eine erprobte Vorgehensweise beim Zusammenbau:
- Profile an die Rückplatte schrauben(noch nicht ganz fest schrauben)
- Platine einschieben und die notwendigen Verbindungen zur Rückplatte herstellen
- die Seitenplatten, Boden und Deckel in die Profile schieben
- Die notwendigen Verbindungen von Platine zu Frontplatte herstellen
- Frontplatte aufschrauben, alle Schraubverbindungen festziehen
Beispielrechnung
Für dieses Beispiel wird eine Platine im Europaformat 100x160mm verwendet. Die Platine soll längs im Gehäuse eingebaut werden, das höchste Bauteil wird mit 30mm angenommen(damit wird h = Bauteilhöhe + 5mm). Die Front- und Rückplatte sind aus 2mm Aluminiumblech.
t = L = 160mm
h= 35mm
b= Z – (2*4mm) = 100mm – 8mm = 92mm
Die Außenmaße des Gehäuses sind damit:
B = b + (28mm) = 92mm + 16mm = 108mm
H= h + (28mm) = 35mm + 16mm = 51mm
T= t + (D1+D2) = 160mm + (2mm+2mm) = 164mm
Die Materialliste für dieses Beispiel:
- 2 Bleche 92mm*160mm (Boden und Deckel)
- 2 Bleche 35mm*160mm (Seitenteile)
- 2 Bleche 108mm*51mm (Front und Rücken)
- 4 Aluminumprofile 160mm
- 8 Blechschrauben 3mm * 8mm
Ergänzungen
Bild 5 zeigt auch, dass eine weitere Platine in die Nuten der oberen Profile eingeschoben werden könnte. Anstelle einer Platine kann man auch ein gelochtes Blech verwenden. Dieses kann dann als Bauteilträger dienen. Die Platinen lassen sich natürlich auch hochkant in die entsprechenden Führungsnuten einschieben.
Anwendungsbeispiele
Bild 7: Akkuladegerät
Bild 8: Netzteil mit gelochter Seitenplatte
Bild 9: Innenansicht Netzteil. Trägerplatte aus Lochblech als Bauteilträger
Bild 10: Innenansicht Ladegerät. Steuerplatine links senkrecht angebracht.
Hallo,
sehr gutes Tutorial! Nur die Profile sind schwer zu beschaffen.
Ich versuche Grade über CSD an diese Profile herran zu kommen…falls noch wer Interesse hat…einfach mal im CSD-Forum Posten…vielleicht reagieren die darauf, und nehmen es in ihr Programm auf.
http://www.community.csd-electronics.de/modules.php?name=Forums&file=viewtopic&t=238
Hier gibts auch noch einen Thread zu dem Thema auf http://www.mikrocontroller.net:
http://www.mikrocontroller.net/topic/59099
Gruß,
Nikias
Kommentar by Nikias Klohr —